Tempo 30: Fakten zu Klimawirkungen

Zusammenfassung, Ergebnisse zu den einzelnen Klimagasen:  CO2NOx/NO2RußWirkungsfaktor Verkehrsfluss,
Indirekte Einflussfaktoren bei Tempo 30:  Treibstoff und Motorentypenbauliche MaßnahmenÄnderungen in der Verkehrsmittelwahl,
Grün im Straßenraum;
Methodik der UntersuchungenHier verwendete Literatur

 

Zusammenfassung

 

Zu den klimawirksamen Abgasen des Straßenverkehrs gehören neben CO2 (Kohlenstoffdioxid) auch Ruß (EC oder BC) und Stickstoffdioxid (NO2), die Vorläufersubstanz für Ozon (O3). Sie gehören alle zu den vier wichtigsten Verursachern der Erderwärmung.

Langsameres Fahren durch Tempo 30 kann zur Reduzierung jedes dieser Gase beitragen. Das haben Messungen in verschiedenen Städten bewiesen.

Die bisher besten gefundenen Ergebnisse sind:

CO2:       – 15% in Madrid,
EC:         bis – 28% in Berlin,
NO2:      bis – 50% in Buxtehude

 

Die Schadstoffkonzentrationen sinken vor allem dann, wenn der Verkehr gleichmäßiger fließt, wenn also Brems- und Beschleunigungsmanöver abnehmen und Geschwindigkeitsspitzen durch Raser wegfallen. Alle Untersuchungsergebnisse belegen, dass genau dies nach der Einführung von Tempo 30 geschehen ist. (siehe Abschnitt „Verkehrsfluss bei Tempo 30 und 50“)

Belegt wurden auch Zusatzeffekte, die sich positiv auswirken:

–  Untersuchungen in Bristol/UK, Hilden/DE und Hull/UK belegen, das Menschen, die in Tempo-30-Zonen leben, ihr Auto öfter stehen lassen und (emissionsfrei) radeln oder zu Fuß gehen. So stieg in einem Stadtteil von Bristol / UK der Anteil am Zu-Fuß-Gehen nach der Einführung von Tempo 20 mph um bis zu 36 Prozent. (siehe Abschnitt „Aussagen zu Änderungen in der Verkehrsmittelwahl“)

–  Ein weiterer Zusatzeffekt wurde in Buxtehude dokumentiert, wo der Straßenraum für die Einführung von Tempo 30 umgestaltet wurde und mehr Platz für Grün erhielt. 420 Bäume wurden neu gepflanzt – echte CO2-Senken also, und gleichzeitig auch Schutz vor zukünftigen Hitzewellen und Starkregenfällen.

Ob Tempo 30 gut oder nur weniger gut auf den Ausstoß von Klimagasen wirken kann, hängt auch von der Zusammensetzung der jeweiligen Fahrzeugflotte (s. Abschnitt „Einfluss durch Treibstoff- und Motorentypen“) bzw von bestimmten baulichen Begleitmaßnahmen ab (s. Abschnitt „Einfluss baulicher Maßnahmen“). Das ergibt eine Untersuchung aus London, in der gleichzeitig darauf hingewiesen wird, dass dazu noch viel Forschungsbedarf besteht. (London Imp. 2013)

 

Ergebnisse zu den einzelnen Klimagasen

CO2 / Treibstoffverbrauch

 

CO2 ist das weltweit wichtigste Klimagas. Der Ausstoß von CO2 im Straßenverkehr hängt direkt vom Treibstoffverbrauch ab und kann deshalb auch mit Messungen Treibstoffverbrauchs mengenmäßig erfasst werden. Vier Städte – Buxtehude, Graz, London und Madrid – haben gezielte Messungen des Treibstoffverbrauchs bei Tempo 30 dokumentiert; hinzu kommt eine Zusammenfassung mehrerer Untersuchungen durch das deutsche Umweltbundesamt.

Ebenso aussagekräftig wie Treibstoffmessungen sind Beobachtungen zum Verkehrsfluss bzw zu Fahrtverläufen: Brems- und Beschleunigungsmanöver bzw ruhige Konstantfahrten haben einen entscheidenden Einfluss auf den Treibstoffverbrauch und damit die CO2-Bilanz – es sei denn, ein unnötig niedriger Gang würde gewählt, was aber kaum anzunehmen ist.
Die bessere Stetigkeit beeinflusst auch den Ausstoß von NOx und Ruß.

Alle Untersuchungen zu Fahrtverläufen bestätigen, dass der Verkehr ruhiger und entspannter geworden ist. Die Studien stammen aus Berlin, Buxtehude, Graz, Helsinki, Graz, Köniz, London. Madrid, Rostock, Zollikon und überregional aus der Schweiz. (siehe Abschnitt „Verkehrsfluss bei Tempo 30 und 50“)

 

Buxtehude Rückgang des durchschnittlichen Benzinverbrauchs: 12 Prozent  (vorher 8,4 l/100 km; nachher 7,4l/100km)
(Buxthude / ADAC   1988, S.155)„Insgesamt haben die Maßnahmen zu einer gleichmäßigeren Fahrweise geführt. (…) Das kommt auch im Benzinverbrauch zum Ausdruck (..) Auch die weniger gewordenen Schalt- und Bremsvorgänge weisen deutlich auf einen besseren Verkehrsfluss hin.“ (Buxtehude/ADAC 1988)
Graz Kein negativer Einfluss von Tempo 30 auf Treibstoffverbrauch/CO2-Ausstoß bzw eine leichte Abnahme um 1%, nach großflächiger Einführung. (Untersuchungen von 1995, zit nach VCÖ 2015)
London Bauliche Begleitmaßnahmen für Tempo 30 können den Treibstoffverbrauch unterschiedlich stark erhöhen. (siehe „Einfluss baulicher Maßnahmen“)
Madrid Bei Tempo 30 liegt der durchschnittliche Treibstoffverbrauch um ca 15% Prozent niedriger als bei Tempo 50. Das korreliert mit den niedrigeren Beschleunigungs- und Drehzahlwerten bei Tempo 30 (Madrid 2012)

Treibstoffverbrauch in l /100km
bei 50km/h:   11,1  l/100 km  (Abweichungen: ± 0.8  l/100km),
bei 30 km/h:   9.4  l/100 km  (Abweichungen: ± 0.5  l/100km)
(Madrid 2012)

Treibstoffverbrauch bei Beschleunigungsmanövern:
auf Tempo 50-Abschnitten: 1,8 – 2,2 g/sec
auf Tempo 30-Abschnitten:   bis 1 g/sec
(Madrid 2012)

Überregional DE  Bei Messfahrten und Modellrechnungen von Untersuchungen aus ganz Deutschland wurde „ein Rückgang beim Kraftstoffverbrauch und   bei den CO2-Emissionen nach Einführung von Tempo 30 qualitativ nachgewiesen. Als Ursache wird der homogenere Verkehrsfluss bei  niedrigem Geschwindigkeitsniveau genannt.“ (UBA 2015)

 

NOx / NO2  Stickstoffoxid / Stickstoffdioxid

 

Oxidierte Stickstoffverbindungen (NOx (Sammelbegriff für NO und NO2 )  sind selbst keine Klimagase, wohl aber Vorläufersubstanzen für Ozon (O3), das wiederum zu den vier wichtigsten Klimagasen gehört, neben CO2, Ruß und Methan. Deshalb trägt auch NOx zur Erderwärmung bei.

Gezielte Untersuchungen zu Tempo 30 und NOx bzw NO2 stammen aus Berlin, Buxtehude, Freiburg, Graz, London und Madrid.

 

Berlin

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Deutliche positive Effekte bei Stickstoffdioxid (NO2), mit bis zu 28% weniger Immissionen nach dem Inkrafttreten von Tempo 30 sind das Ergebnis langjähriger Untersuchungen (3 Jahre vor und 3 Jahre nach der Einführung von Tempo 30).
„Die NO2-Werte sanken während dreier Jahre nach der Einführung von Tempo 30 auf der Beusselstraße, der Schildhornstraße und der Silbersteinstraße im Mittel um bis zu 26 Prozent. Dagegen stiegen die Werte im selben Zeitraum an vergleichbaren Straßen, wodurch das tatsächlich erreichte Ergebnis noch deutlicher ausfällt.“ (Berlin / Rauterberg-Wulff 2015)Da die NO2-Immissionen an den Vergleichsstraßen mit Tempo 50 im selben Zeitraum anstiegen, ergibt sich daraus eine für 30 km/h spezifische Gesamtreduktion der NO2-Konzentration bis zu 12,4 μg/m³, je nach Straße
In Prozent bedeuten die Gesamteffekte dank Tempo 30:
– 28% NO2 auf der Silbersteinstraße,
– 25% NO2 auf der Schildhornstraße,
– 19% NO2 auf der Beusselstraße.
(Berlin / Rauterberg-Wulff 2015)
Buxtehude  

Ein Jahr nach der Umsetzung der Verkehrsberuhigungsmaßnahmen (1984) ergaben Messungen aus Testfahrten eine starke Reduzierung der
Mittelwerte für die NOx-Emissionen um ca 30%.
Bei einer niedrigtourigen Fahrweise wurden sogar ca – 50% erreicht. (Buxtehude / Holzmann 1988)

Freiburg

 

 

 

 

Für Teile der B31 durch Freiburg wurde Tempo 30 nachts eingeführt. Die Messungen vor und nach der Einführung ergaben, dass die NO2-Werte nach der Einführung auch tagsüber zurückgingen. (UBA 2015)

Graz  

Im Tempo 30-Gebiet konnten die NOx-Emissionen um 24% reduziert werden.
Für den Stadtbereich insgesamt schlug die Reduktion mit minus 2% nieder. (Graz 2010)

London

 

 

 

Die NOx-Emissionsfaktoren bei Tempo 20 mph (32 km/h) sanken um bis zu 0,06 g/km gegenüber Tempo 30 mph (48 km/h).
Dies gilt für Dieselmotoren bis zu 2 Litern, während die Emissionsfaktoren bei entsprechend großen Benzinmotoren ansteigen, allerdings nur um 0,005 g/km.
Weil der Anteil der Dieselmotoren bis 2 Litern an der gesamten Fahrzeugflotte ständig steigt, ist die deutliche Senkung bei diesem Motorentyp von besonderer Relevanz. (London Imp 2013) (Weitere Details: s. auch Abschnitt „Einflüsse durch Treibstoff- und Motorentypen“)

Madrid

 

 

 

Die durchschnittlichen NOx-Emissionen sinken bei Tempo 30 um 20 – 27%. (Madrid 2012)

 

Ruß (EC bzw BC)

 

Ruß hat einen erheblich größeren Einfluss auf das Klima als lange bekannt war.
Ruß verursacht eine kontinuierliche Erwärmung der Erde, indem er das Sonnenlicht absorbiert und als Wärme abgibt. Außerdem lagert sich Ruß auf Schnee- und Eisflächen ab und verdunkelt sie. Dadurch nimmt die Rückstrahlfähigkeit der eigentlich weißen Flächen ab, und der Schnee schmilzt schneller. An Alpengletschern wurde selbst der frühe Beitrag von Rußemissionen zum Ende der kleinen Eiszeit nachgewiesen. (Painter 2013)
Aktuell geht man davon aus, dass Ruß zu den vier wichtigsten Klimagasen gehört. (Bond 2013)

Gemessen wird der Ausstoß entweder mit chemischen Analysen (dann wird er als „Elementarer Ruß“ (EC) bezeichnet) oder mit optischen Messmethoden (dann wird er als „Black Carbon“ (BC) bezeichnet).

Messergebnisse zu dem Zusammenhang von Tempo 30 und Rußemissionen gibt es aus einer Langzeitstudie in Berlin.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ruß vor / nach der Einführung von Tempo 30
Als Ergebnis mehrjähriger Immissionsmessungen vor und nach dem Inkrafttreten von Tempo 30 an einigen Hauptstraßen zeigen sich deutliche positive Effekte.
An allen untersuchten Hauptstraßen sanken die Immissionen von Rußpartikeln. Bei den Straßen, an denen Tempo 30 eingeführt worden war, sanken sie allerdings deutlich tiefer, und zwar um 0,2 bis 2,2 μg/m³ (das sind bis zu 43% weniger EC) Dies bedeutet 7% bis 28% stärkere Rückgänge dankTempo 30. (Berlin / Rauterberg-Wulff 2015)
Anmerkung: Bei den Werten der Silbersteinstraße mit einem vergleichsweise hohen Lkw-Anteil könnte auch die Modernisierung der Lkw-Flotte eine Rolle spielen, bei der Schildhornstraße und der Beusselstraße ist das allerdings nicht der Fall. (Alle Durchschnittswerte basieren auf Dauermessungen von je drei Jahren.) (Berlin / Rauterberg-Wulff 2015)

 

 

Einflüsse auf die Wirksamkeit von Tempo 30

 

Neben generellen Nachweisen der Entlastungswirkung von Tempo 30 für das Klima wurden auch Erkenntnisse gewonnen, unter welchen Umständen die Maßnahme besonders gut oder aber weniger gut wirkt.

 

Verkehrsfluss bei Tempo 30 und 50

 

Der Verkehrsfluss ist die wichtigste Einflussgröße für die Klimawirksamkeit des Straßenverkehrs. Je gleichmäßiger der Verkehr fließt – also je mehr Konstantfahrten und je weniger Brems- und Beschleunigungsmanöver es gibt – desto weniger Luftschadstoffe werden ausgestoßen und desto weniger Treibstoff wird verbraucht – es sei denn, ein unnötig niedriger Gang würde gewählt.

Aussagen zum verbesserten Verkehrsfluss und damit besserer Luftqualität, kommen aus:
Berlin, Buxtehude, Graz, Helsinki, Köniz, London, Madrid, Rostock, Zollikon sowie von einer schweizweiten überregionalen Studie.

 

Berlin

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Auf der Berliner Sonnenallee, die mehrere Abschnitte mit Tempo 30 tagsüber hat, fließt der Verkehr auf den Tempo-30-Abschnitten deutlich besser, dank einer geringeren Bandbreite der gefahrenen Geschwindigkeiten. (UBA 2015; Untersuchungen im Jahr 2014)

 

Buxtehude

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Auf den Tempo-30-Straßen ist eine Änderung der Fahrweise festzustellen. Es wurde durchwegs nicht nur langsamer gefahren, sondern auch wesentlich gleichmäßiger und ruhiger.“ (Buxtehude/ADAC, S.152)

Messfahrten „zeigen im Durchschnitt eine deutliche Vergleichmäßigung des Fahrverlaufs bei Tempo 30. Insbesondere verringert sich die Schwankungsbreite der Geschwindigkeiten und die Zahl und die Länge der Beschleunigungs- und Bremsvorgänge geht zurück.“ (Buxtehude / Holzmann 1988, S. 137/138).

“Es zeigt sich, dass neben den Reduzierungen der Geschwindigkeiten auch die Unterschiede zwischen den einzelnen Straßen sind deutlich geringer geworden sind. Dies bedeutet, dass im Untersuchungsgebiet insgesamt wesentlich gleichmäßiger gefahren“. (Buxtehude/Holzmann 1988)

Graz  

Vor allem die Spitzengeschwindigkeiten sanken, und bei der Streuung der Geschwindigkeiten zeigte sich ein homogenerer Verkehrsflusses. (Graz 1995)

Helsinki  

Zusätzliche Staus nach der Ausweisung von 30 km/h gab es nicht. Das zeigten Untersuchungen im Jahr 2004, die wiederum ähnliche Ergebnisse aus dem Jahr 1992 bestätigten, als das 50-km/h-Limit erstmals – auf damals 40 km/h –  gesenkt worden war. (Helsinki 2005)
Die niedrigeren Tempolimits verlangsamen fast ausschließlich die einzeln fahrenden, schnellen Fahrer (Helsinki 2004)

Köniz

 

 

„Die Koexistenz in der Tempo-30-Zone bewirkt auch eindeutig eine Verstetigung des Verkehrs mit weniger Stopps und Beschleunigungen.“ Vollständig angehalten wird nur noch selten. (Köniz 2010) Auch eine Mehrheit von befragten Könizerinnen und Könizern stimmt der Aussage zu, dass Tempo 30 zur Verflüssigung des Verkehrs beiträgt. (Köniz 2006)
(Die Aussagen beziehen sich auf die Einführung von Tempo 30 auf der Hauptdurchfahrtstrasse „Schwarzenburgstraße“.)

London

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Fahrtverläufe insgesamt sind bei 20 mph (32 km/h) ausgeglichener und gleichmäßiger als bei Tempo 30 mph (48 km/h), mit weniger Brems- und Beschleunigungsmanövern und etwas höheren Anteilen an Konstantfahrten.
Bei 20 mph werden geringere Anteile an der Fahrzeit in Beschleunigungs- oder Bremsvorgängen zugebracht als auf den 30 mph-Straßen
Bauliche Maßnahmen können allerdings mehr oder weniger große Temposchwankungen bewirken (siehe auch Abschnitt „Aussagen zum Einfluss baulicher Maßnahmen“) (London Imp 2013)

 

Madrid

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Beschleunigungsvorgänge reduzieren sich bei Tempo 30 um 20% gegenüber Tempo 50, und die durchschnittliche Motorendrehzahl sinkt leicht um 5%.
Beides findet statt, obwohl die Durchschnittsgeschwindigkeit gleich bleibt und das stärkere Gasgeben auf Tempo-50-Straßen die Fahrzeit real verkürzt. Tatsächlich ist das Fahrzeug dauernd dabei, sein Tempo zu erhöhen oder zu reduzieren, weil der Abstand zwischen zwei Kreuzungen in dem Viertel weniger als 200 Meter beträgt. „Das bedeutet, dass der Fahrer unwillkürlich langsamer beschleunigt, wenn er 30 km/h erreichen will, als wenn er versucht, das 50 km/h-Limit zu erreichen. (..) Die Gründe für diese Ergebnisse kann in beiden Fällen mit dem spontanen Fahrverhalten erklärt werden.“ (Madrid 2012, S. 197)
Rostock  

In einem Modellversuch wurde „tendenziell eine Reduzierung der Stausituationen beobachtet.“ (UBA 2015).

Zollikon  

“Die Fahrzeit zur Hauptverkehrsachse hat sich nur um Sekunden verlängert, die Hektik dafür verringert – es wird wesentlich gleichmässiger und rücksichtsvoller gefahren.” (Zollikon 2006)

Überregional
CH
 

Schweiz / Bern und Luzern: Vor und nach der Ausweisung von zwei Tempo 30-Zonen in Luzern und Bern wurden Praxistests durchgeführt, die ruhigere und gleichmäßigere Fahrweisen mit weniger Beschleunigungen und Verzögerungen ergaben. (BUWAL 1998)

 

Indirekte Einflussfaktoren

Aussagen zum Einfluss von Treibstoff und Motorentypen

 

Die Wirkungen von Tempo 20 mph auf die einzelnen Luftschadstoffe hängen auch von der Größe der Motoren und der Treibstoffart sowie dem Anteil der Kfz an der Fahrzeugflotte ab. Das wurde in London nachgewiesen.
Die Einzelergebnisse sind zwar je nach Fahrzeug – und Treibstofftyp unterschiedlich. Eine klare Gesamtaussage lässt sich aber treffen, wenn man die Zusammensetzung der Fahrzeugflotte berücksichtigt. Die Aussagen der Londoner Studie:

1) Es ist unkorrekt zu behaupten, dass Tempo 20 mph zu höheren Schadstoffausstößen der Fahrzeuge führen würde.

2) In Anbetracht der Tatsache, dass Dieselfahrzeuge bereits einen erheblichen und schnell wachsenden Anteil an der Fahrzeugflotte haben, sind die Ergebnisse der Diesel-Kfz (< 2 Liter) besonders signifikant. (London Imp. 2013, S.

3) Zu NOx: Der positivste Effekt für NOx-Emissionsfaktoren wurde bei Diesel-Kfz mit Motoren bis 2 Liter: – 0,07 g/km gegenüber Tempo 30 mph nachgewiesen. Das bedeutet, dass der NOx-Ausstoß um 8,2 Prozent gesunken ist.
Dem stehen leichte Zunahmen bei anderen Fahrzeugklassen entgegen, die jedoch um Größenordnungen geringer ausfallen als die positiven Effekte:
– stärkere Dieselmotoren stoßen bei 20 mph um 0,0016 g/km mehr aus – die Reduktionen bei den anderen Diesel-Kfz sind also ein Vielfaches größer.
– Auch Benziner stoßen zwischen 0,0016 bis 0,0094 g/km mehr aus, wenn 20 mph gilt. Hier gilt ebenfalls, dass diese Effekte viel kleiner als die Entlastungswirkungen sind.

 

 

4) Zu CO2: Auch für CO2 wird bei dem Kfz-Typ Diesel (< 2 Liter) das beste Ergebnis erzielt: – 1,9 g/km gegenüber 30 mph.
Dem stehen Steigerungen bei anderen Fahrzeugtypen gegenüber.Bei Fahrzeugen mit großen Motoren ( > 2 Litern) fällt die Zunahme der CO2-Emissionsfaktoren am deutlichsten aus, mit bis zu ca 28 g/km bei den großen Benzin-Kfz.

 

 

Aussagen zum Einfluss durch bauliche Maßnahmen

 

London/UK
Punktuelle bauliche Maßnahmen, die die Fahrbahnen erhöhen, können mehr Abbrems- mit anschließenden Beschleunigungsmanöver bewirken, und daraus entstehen dann auch zusätzliche Luftschadstoffe. Die Höhe der Emissionen unterscheidet sich je nach der Art der Baumaßnahme. Wieder ist zu beobachten, dass die unterschiedlichen Treibstoffe die Ergebnisse beeinflussen.

Fahrbahnschwellen im Vergleich mit Fahrbahnkissen

Die Furlong Road ist mit traditionellen Fahrbahnschwellen ausgestattet. Vor den Fahrbahnschwellen wird zusätzlich abgebremst und anschließend wieder beschleunigt.
Auf der Liverpool Road, die in der Fahrbahnmitte mit „Kissen“ ausgestattet ist, wird dagegen kaum abgebremst und beschleunigt.

CO2 / Treibstoffverbrauch an Fahrbahnschwellen verglichen mit Fahrbahnkissen
Benzinfahrzeug: + 59%
Dieselfahrzeug:   + 64%

 

 

NO2
Ein benzinbetriebenes Jahrzeug emittiert auf der „Furlong Road“ (mit Fahrbahn-Schwellen) bis zu 64% mehr NO2 als auf der „Liverpool Road“ (mit Kissen).
Dieselfahrzeuge emittieren fast doppelt so viel (+ 98%), wenn sie auf der Furlong Road die Schwellen passieren anstatt die Kissen auf der Liverpool Road.

„Noch höhere zusätzliche Emissionen verursachen Maßnahmen wie Fußgängerüberwege und Ampelkreuzungen.“ (London Imp 2013)

 

Aussagen zu Änderungen in der Verkehrsmittelwahl

 

Bristol

 

 

 

 

Es gab eine Zunahme des Zu-Fuß-Gehens um 10% bis zu 36%, je nachdem welcher der zwei beteiligten Bezirke betrachtet wurde, um welche Wochentage es sich handelte und ob es regnete.
Gegenüber der Umfrage vor Beginn des Pilotversuchs stieg die Zahl derer, die angaben jede Woche zu laufen, im Süden der Innenstadt um 8%.
Auch im Osten der Innenstadt stieg die Zahl derer, die jetzt jede Woche zu Fuß gehen, um 5% auf dann 85%.Der Fahrradverkehr nahm zwischen 4% und 37% zu, mit Abweichungen je nach Bezirk, Wochentag und an Regentagen. Die Zahl derjenigen, die sagten, dass sie niemals radeln würden, blieb aber relativ konstant, bei 66% bzw 60%. Die Zunahme hängt daher vermutlich damit zusammen, dass jetzt auch Menschen in den untersuchten Bezirken radeln, die keine direkt Anwohnenden sind. Möglicherweise fahren diejenigen, die auch vorher schon geradelt sind, dank des 20-Meilen-Limits noch häufiger. (Bristol 2012)
Hilden Mit der Einführung von Tempo 30 in der Innenstadt stieg auch der Anteil der Fahrradfahrten am gesamten Straßenverkehr auf 23 Prozent.
(20sPlentyforus 2010)
Hull In der Befragung im Jahr 2000 gaben über 25% der Anwohnenden an, dass sie seit der Einführung von 20-mph Zonen mehr radeln und zu Fuß gehen würden. (Hull 2002)

Aussagen zur Zunahme von Grün im Straßenraum

 

Die Stadt Buxtehude hat nach der Einführung von Tempo 30 die betreffenden Straßen umgestaltet und dabei insgesamt 420 zusätzliche Bäume gepflanzt. Die unversiegelten Flächenanteile in der Stadt konnten insgesamt verdoppelt werden, so dass bei Regen nun auch das Wasser besser versickern kann. (Buxtehude/Holzmann 1988)

Untersuchungsmethodik

 

Berlin

 

 

 

 

 

Für die Untersuchungen wurden Daten von drei dauerhaften Messstationen an drei Hauptstraßen (Schildhornstraße, der Silbersteinstraße und Beusselstraße) ausgewertet. Die Immissionswerte von jeweils drei Jahren vor und nach der Einführung von Tempo 30 wurden gemittelt und mit den Mittelungswerten drei vergleichbarer Hauptstraßen mit Tempo 50 verglichen. An weiteren Messstellen wurde die städtischen Hintergrundbelastung ermittelt und von den gefundenen Daten abgezogen, so dass als Ergebnis die rein straßenbezogenen Werte ermittelt werden konnten.
Durch die Messung der Immissionsdaten, also der Konzentration der Schadstoffe neben den Straßen, werden diejenigen Werte ermittelt, wie sie für die Menschen am Straßenrand relevant sind. Auch können Schwankungen aus den verschiedenen Fahrzeugtypen, die die Stationen passieren, und den individuelle Fahrweisen ausgeschlossen werden. Diese kennzeichnen üblicherweise die Emissionswerte, also den Ausstoß der Schadstoffe direkt am Fahrzeug.Hinweis: Die städtische Hintergrundbelastung, die aus anderen Quellen wie etwa der Industrie stammt, ist aus den genannten Werten bereits herausgerechnet.) Bei den dokumentierten Ergebnisses handelt es sich also um rein verkehrsbezogene Werte.
Buxtehude

 

 

 

Luft: Vergleiche des Vorherzeitraums (1983) mit dem Zwischenstadium (1984): Es wurden Messfahrten mit 7 Fahrzeugen verschiedener Hubraumklassen durchgeführt und aufgezeichnet. Zur genauen Untersuchung wurden die Fahrtverläufe dann auf einem Rollprüfstand nachgefahren.
Benzinverbrauch: Simulations- sowie tatsächliche Messfahrten (Buxtehude / ADAC 1988), a) Testfahrten wurden auf einem Rollenprüfstand nachgefahren und untersucht wurden. b) Ergänzend fanden tatsächlich Messfahrten von Berufspendlern statt, bei denen auch Tempo-50-Anteile einbezogen und weitere Strecken gefahren wurden.

Graz  

Luftqualität und Treibstoffverbrauch wurden mit Hilfe von insgesamt 170 Testfahrten (kurz vor und ein Jahr nach der Einführung von Tempo 30) auf repräsentativen Straßenabschnitten ermittelt. Die Verkehrsbelastung der Stadt wurde ebenfalls ermittelt und zu den Werten in Bezug gesetzt, woraus die Gesamtergebnisse ermittelt wurden. (Graz 1995)

Helsinki  

Geschwindigkeitsänderungen: Vergleichende Messungen im Mai 2004 (vor der Einführung von Tempo 30) und Juni 2005 (nach der Einführung) auf 10 Straßen, mit HiStar-Detektoren, die auf der Fahrbahnoberfläche positioniert waren. Berücksichtigt wurden nur freifahrenden Kfz, nicht jedoch Staus oder zähfließender Verkehr. Die Messungen wurden jeweils für einen Tag durchgeführt.
Benzinverbrauch: Messungen der Abteilung für Verkehrsplanung der Stadt Helsinki im Jahr 1992

London

 

 

 

 

 

Während dreier Wochen im Januar und Februar 2013 wurden Fahrtverlaufskurven von Fahrten auf 6 ausgewählten Routen in „Inner London“, von je 2 – 2,7 km Länge aufgezeichnet (je zur Hälfte mit 20 mph und 30 mph). Die Fahrten fanden während verschiedener verkehrlicher Situationen statt, die Messzeiten dauerten jeweils mindestens 170 Minuten. Um zu gewährleisten, dass die Messdaten vergleichbar sind, fanden alle Fahrten im selben Fahrzeug und mit demselben Fahrer statt. Um andere als die 20mph-spezifischen Effekte möglichst auszuschließen, wurden die Fahrtanteile im Umkreis von Kreuzungen von der Analyse ausgeschlossen. Berücksichtigt wurden generell nur die Anteile der Fahrgeschwindigkeit oberhalb von 5 mph. (Damit stellen die Emissionsfaktoren also keine realen Messergebnisse dar, sondern durchschnittliche Emissionen von Fahrzeugtypen während der Konstantfahrten.)
Aus den Daten wurden 16 repräsentative Fahrzyklen generiert, je 8 für 20 mph und 30 mph. Mit AIRE („Analysis of Instantaneous Road Emissions“; Datenbasis für Momentanwerte) wurden dann die jeweils zu erwartenden NOX-, PM10- und CO2 –Emissionsfaktoren kalkuliert.

Madrid

 

 

 

 

 

 

Auf einer 7,4 km langen Strecke mit 30 km/h- und 50 km/h-Abschnitten wurden 33 Testfahrten zurück gelegt und dabei das Geschwindigkeitsverhalten, der Benzinverbrauch und die Luftemissionen simultan gemessen, getrennt nach Tempolimits ausgewertet und verglichen. Die Fahrten fanden im März 2011 statt.
Vergleichbarkeit der Ergebnisse: Die ausgewählten Streckenabschnitte für Tempo 50 und Tempo 30 wiesen jeweils die gleichen Charakteristiken auf: Das ergab sich zum Einen durch die streng quadratische Anlage des Viertels mit jeweils gleich langen Straßenabschnitten und der gleichen Zahl von Kreuzungen. Zum Anderen wurden die zu vergleichenden Streckenabschnitte während jeweils gleicher verkehrlicher Bedingungen. Alle Fahrten wurden in demselben Fahrzeug mit demselben Fahrer zurück gelegt.
Messtechnik: Für die Messungen wurde ein tragbares System (MIVECO PEMS 2.0) verwendet, das an Bord des Testfahrzeugs mitgeführt wurde. Es dokumentierte neben den Emissionen auch den Treibstoffverbrauch, die Geschwindigkeiten und weitere Faktoren, simultan, also während der Fahrten im realen Straßenverkehr. Als Testfahrzeug wurde ein gebrauchtes Dieselfahrzeug verwendet, wie es in ganz Europa geläufig ist. Alle Fahrten fanden mit einem bereits warmen Motor statt.

Hier verwendete Literatur

 

Hier verwendete Literatur

 

20sPlentyforUs 2010 : 20s Plenty for Us: 20mph limits improve air quality, Website, 2010

Berlin / Rautterberg-Wulff 2015 : Rautterberg-Wulff, A: Beobachtungen zur langjährigen Entwicklung der Luftqualität an Berliner Hauptverkehrsstraßen vor und nach Anordnung von Tempo 30; in Journal „Immissionsschutz“ 2/2015

Bond 2013:  Bond, T.C., et al: Bounding the role of black carbon in the climate system: A scientific assessment

Bristol 2012 : Bristol City Council: 20mph speed limits pilote areas, Monitoring report, March 2012

Buwal 1998 : Reutimann, F; Bundesamt für Umwelt, Wald und Landwirtschaft der Schweiz (BUWAL): Mehr Lebensqualität in Tempo-30-Zonen; 1998

Buxtehude / ADAC 1988: Stock, R / ADAC-Zentrale, München: Akzeptanz und Fahrverhalten, in: Tagungsband zum 4. Kolloquium „Flächenhafte Verkehrsberuhigung“, Bad Godesberg, 1988

Buxtehude / Holzmann 1988:  Holzmann,E / Dorsch Consult Ingenieursgesellschaft mbH, Flächenhafte Verkehrsberuhigung in Buxtehude, Auswirkungen der Maßnahmen zu Tempo 30 auf die Umweltsituation, Kurzfassung in: Tagungsband zum 4. Kolloquium „Flächenhafte Verkehrsberuhigung“, Bad Godesberg, 1988

Graz 1995 : Pischinger R., Jammernegg G., Staska G., Sturm P., Sudy C; Sammer G., Fallast K., Hochkofler M., Wernsperger F.: Tempo 30/50 in Graz : Ergebnisse der wissenschaftlichen Begleituntersuchung für die Bereiche Verkehrsverhalten im Straßenraum, Verkehrsmittel- und Routenwahl, Schadstoffemissionen, Treibstoffverbrauch und Verkehrslärm, Graz 1995

Graz 2010 : City of Graz: Gentle Mobility The Graz Model of Success; Graz 2010

Helsinki 2004 : Pasanen, E: Speed management in Helsinki, in „Traffikdage på Aalborg Universitet 2004″

Helsinki 2005 : Helsinki City Planning Department, Traffic Planning Division: Speed limits in the City of Helsinki, 2005

Hull 2002 : Kingston upon Hull City Council: Memorandum by Kingston upon Hull City Council (RTS 152): 20 mph zones in Kingston upon Hull, 2002

Köniz 2006 : Matti, D; Haefeli, U; Fässler, S / Interface: Wirkungsanalyse Umgestaltung Zentrum Köniz; Nach-Untersuchung Akzeptanz Verkehrssituation 2006; Luzern 2006

Köniz 2010: Gemeinde Köniz / Tiefbauzentrum des Kantons Bern: Zufrieden mit dem neuen Zentrum? Erfolgskontrollen der Zentrumsumgestaltung Köniz und Umgestaltung Köniz-/Schwarzenburgstrasse, Bern, 2. Auflage mit Auswertung der Unfallzahlen, 2010

London Imp 2013 : Imperial College London, Centre for Transport Studies, Transport and Environmental Analysis Group: An Evaluation of the Air Quality Impacts of a 20mph Speed Restriction in Central London, London, April 2013

Madrid 2012 : Casanova,J; Fonseca, N: Environmental assessment of low speed policies for motor vehicle mobility in city centres; Global Nest Journal 2012;

Painter 2013: Painter, Thomas C. et al: End of the Little Ice Age in the Alps forced by industrial black carbon;

UBA 2015 : Heinrichs, E., Leben, J.; Hänisch, A-S.; Cancik,P. (UBA, Hrsg): TUNE-ULR, Technisch wissenschaftliche Unterstützung bei der Novellierung der EU-Umgebungslärmrichtlinie; Arbeitspaket 2: Geschwindigkeitsreduzierungen; Dessau-Rosslau 2015;

VCÖ 2015 : Verkehrsclub Österreich : Welchen Effekt hat Tempo 30 auf Schadstoffe und Luftqualität?

Zollikon 2006 : Polizei Zollikon: Gesetzliche Nachkontrolle der Tempo-30-Zonen abgeschlossen, 2006