Die Stadt mit ca 152.000 Einwohner.innen liegt im Rhein-Main-Gebiet und gehört zu den Oberzentren in Hessen. Verkehrsbelastungen entstehen in Darmstadt durch einen starken Durchfahrts- und Berufspendelverkehr (etwa 52.000 Menschen pendeln täglich in die Stadt). Aus diesem Grund wurde Tempo 30 nachts an einzelnen Hauptverkehrsstraßen eingeführt, zum Beispiel in der Heinrichstraße und der Frankfurter Straße. Weitere sind im Gespräch.
Vorausgegangen war 2011 ein erster Versuch zur Verkehrsberuhigung an der Heinrichstraße, die als innerörtliche Hauptverkehrsstraße bis zu 24.000 Kfz täglich verkraften muss, mit große Problemen wegen der Lärmbelastungen als Folge. Tempo 30 nachts war die Lösung, die in dem einjährigen Versuch auf 2,2 km Länge getestet wurde. Der Erfolg war riesig, so dass aus dem befristeten Pilotprojekt schnell eine dauerhafte Ausweisung von Tempo 30 nachts wurde.
Im Rahmen der Darmstädter Lärmaktionsplanung gab es auch Forderungen nach Tempo 30 auf weiteren Hauptstraßen. Eine davon, auf der Frankfurter Straße, konnte Anfang 2016 verwirklicht werden.
Die Begleituntersuchungen zum Feldversuch auf der Heinrichstraße konzentrierten sich insbesondere auf die Geschwindigkeitsänderungen und die Lärmbelastung. Dabei konnte mit minus 26 dB(A) bei den Maximalpegeln ein rekordverdächtiger Rückgang des Verkehrslärms erreicht werden. Vielleicht ist es deshalb auch kein Wunder, dass mit einer Akzeptanz von 96% für Tempo 30 gleich auch ein zweiter Rekord erreicht wurde.
Maßnahmen; Ergebnisse: Geschwindigkeitsänderungen, Verkehrsmengen und Verlagerungen, Lärm, Akzeptanz; Wissenschaftliche Begleitung: Methodik, Hier verwendete Literatur
Maßnahmen
Signalisierung auf der Heinrichstraße, auf einer Länge von auf 2,2 km; mit Zusatzschildern: „22-6 Uhr“
Öffentlichkeitsbeteiligung: Zwei Bürgerfragungen, eine schriftlich, eine telefonisch;
Weitere Maßnahmen
Ergänzung des Tests durch einen Feldversuch mit Flüsterasphalt auf einer 400 Meter langen Teilstrecke der Heinrichstraße
Ergebnisse
Geschwindigkeitsänderungen
Gegenüber dem Zeitraum, als ausschließlich Tempo 50 galt, nahmen die Geschwindigkeiten durch das nächtliche Tempolimit erheblich ab.
Schon ab 20 Uhr, also zwei Stunden bevor die Regelung in Kraft trat, sanken sie um bis zu 13 km/h. Anscheinend kann Tempo 30 für bestimmte Tageszeiten manchmal sogar die Geschwindigkeiten über diese Tageszeiten hinaus beeinflussen.
Verkehrsmengen und Verlagerungen
„Die Verkehrsmengen nehmen im Laufe des Abends ab, nur zwischen 22 und 22.30 Uhr ist eine leichte Erhöhung feststellbar.“ (UBA 2015, S 141)
Es wurde kein Verlagerungseffekt auf andere Straßen durch Tempo 30 nachts festgestellt.
Lärm
Seitdem ab 22 Uhr Tempo 30 gilt, sinkt der Schallpegel sogar schon ab 21 Uhr erkennbar. Ab 22 Uhr sinkt er deutlich – es ist also insgesamt spürbar leiser geworden.
Der Lärm in der Heinrichstraße ist nachts um durchschnittlich drei bis vier Dezibel (dB(A) gesunken.
Dauerschallpegel
Über alle fünf Messstellen gemittelt reduzieren sich die Mittelungspegel um drei bis vier Dezibel.
An einem Messpunkt sank der Pegel um 8 dB(A). Hier wurde auch eine besonders große Absenkung der Geschwindigkeiten festgestellt (um bis zu –22 km/h).
An zwei anderen Messpunkten, an denen neben Tempo 30 auch lärmmindernder Asphalt aufgebracht worden war, nahm der Dauerschallpegel zwischen 3 und 6 dB(A) ab, es können durch lärmmindernden Asphalt also weitere Lärmsenkungen um bis zu 2 dB(A) entstehen.
Lärmspitzen
Der Unterschied bei den Lärmspitzen war tendenziell am auffälligsten, denn der Maximalpegel fiel von 68 auf 42 dB(A), also um 26 dB(A)!
Akzeptanz
Nach der Einführung der Tempo-30-Regelung gab es insgesamt 81% Zustimmung; (64 Prozent beurteilen die Tempo-30-Regelung als sehr gut, weitere 17 Prozent als gut.) Es gab insgesamt 96% Zustimmung für die Tempo-30-Strecke an der Heinrich-Straße als dauerhafte Regelung. 71% hätten Tempo 30 am liebsten auch tagsüber.
Wissenschaftliche Begleitung
Methodik der Untersuchungen
Einjähriger Versuch mit vergleichenden Untersuchungen der Geschwindigkeiten, Verkehrsmengen und Schallimmissionen; (März 2011 – März 2012); Datenerhebungen an 5 Messpunkten (jeweils von 20 Uhr bis 1 Uhr nachts an Werktagen);
Befragungen: Über 1200 Haushalte von Anwohnenden wurden angeschrieben; 443 antworteten (36%). Außerdem wurden 108 persönliche Interviews geführt.
Hier verwendete Literatur
Stadt Darmstadt, Presseaussendung 31.5.2012
Heinrichs, E., Leben, J.; Hänisch, A-S.; Cancik,P. (UBA, Hrsg): TUNE-ULR, Technisch wissenschaftliche Unterstützung bei der Novellierung der EU-Umgebungslärmrichtlinie; Arbeitspaket 2: Geschwindigkeitsreduzierungen; Dessau-Rosslau 2015;
Die Kampagne “Trendsetter für 30 km/h” wird unterstützt von der Dr. Joachim und Hanna Schmidt-Stiftung.