Tempo 30: Rolle rückwärts im deutschen Bundesrat?
am 06. März 2017
Das ist kein Witz: Am kommenden Freitag, dem 10. März, stimmt der Deutsche Bundesrat über einen Vorschlag ab, der den Handlungsspielraum für alle Kommunen beschränken soll, die Tempo-30 vor Schulen, Kitas und Krankenhäusern einführen möchten. Dabei hatte der Bundesrat erst im vergangenen September eine fortschrittliche Regelung beschlossen: Vor sozialen Einrichtungen an Hauptverkehrsstraßen sollten Kommunen Tempo 30 generell einrichten können, ohne aufwendige vorherige Nachweise für jede einzelne Maßnahme.
Verkehrs- und Innenausschuss im Bundesrat schlagen jetzt aber vor, dass Tempo 30 vor sozialen Einrichtungen wieder die Ausnahme sein solle. Für jede einzelne Ausweisung wäre dann wieder eine umständliche Einzelfallprüfung notwendig – genau diese hatte sich aber als viel zu umständlich und restriktiv erwiesen, um die Sicherheit auf den Hauptstraßen wirklich zu verbessern – so muss z.B. ein Gefahrenschwerpunkt als bereits bestehend nachgewiesen sein – und deshalb war diese Regelung im September 2016 gestrichen worden.
Mit dem neuen Vorschlag soll Tempo 30 an mehrspurigen Straßen gar nicht mehr zulässig sein. Auch soll es nicht mehr möglich sein, zwischen zwei nur wenige hundert Meter voneinander entfernten Tempo 30-Zonen ebenfalls Tempo 30 anzuordnen.
Zur Begründung verweisen die Ausschüsse darauf, dass Tempo 30 als Regelfall vor sozialen Einrichtungen eine “unangemessene Verschärfung” darstelle. Außerdem wird behauptet, dass nach allen bisherigen Erfahrungen mit “mangelnder Akzeptanz” zu rechnen sei. – Woher solche “bisherigen Erfahrungen” zu “mangelnder Akzeptanz” stammen, bleibt jedoch im Dunkeln. Alle Erfahrungen, die wir in über zweijähriger umfassender Recherche gefunden haben und auf dieser Website dokumentieren, weisen eher auf das Gegenteil hin.
Sollte der Bundesrat dem Änderungsvorschlag zustimmen, wird die Sicherheit jedenfalls nicht verbessert. Schon gar nicht für die Schwächsten im Straßenverkehr: Denn kein Kind hat seinen außerhäuslichen Aktionsradius auf lediglich 300 Meter vor seiner Kita oder Schule beschränkt, – und ebenso wenig der steigende Anteil älterer Menschen, die heute um ein Vielfaches mobiler sind, als das früher der Fall war. Und zwar in der ganzen Stadt, in Kinos, Konzerthallen, Restaurants, und das rund um die Uhr.
Für Lebensqualität und Sicherheit auf unseren Straßen braucht man Tempo 30 überall da, wo Menschen wohnen, arbeiten, einkaufen, sich erholen. Und man braucht die vollständige Entscheidungsfreiheit für die besten Experten bezüglich der konkreten örtlichen Verhältnisse: das sind die Kommunen selber!
Es wird also spannend am Freitag!
Hier ist die Beschlussempfehlung an den Bundesrat im Originalwortlaut.
Hier ist der ursprüngliche Vorschlag der Bundesregierung im Vergleich mit der Beschlussempfehlung an den Bundesrat.
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Hier der Wortlaut des sinnvollen Entwurfes der Bundesregierung
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b) Nach Randnummer 12 er Verwaltungsvorschrit “Zu Zeichen 274 Zulässige Höchstsgeschwindigkeit” wird folgende Randnummer angefügt:
“13 XI. Innerhalb geschlossener Ortschaften ist die Geschwindigkeit im unmittelbaren Bereich von an Straßen gelegenen Kindergärten, -tagesstätten, -krippen, -horten, allgemeinbildenen Schulen, Förderschulen für geistig oder köperlich behinderter Menschen, Alten- und Pflegeheimen oder Kankenhäusern in der Regel auf Tempo 30 km/h zu beschränken, soweit die Einrichtungen über einen direkten Zugang zur Straße verfügen oder im Nachbereich der Einrichtungen starker Ziel- und Quellverkehr mit all seinen kritischen Begleiterscheinungen (z.B. Bring und Abholverkehr mit vielfachem Ein- und Aussteigen, erhöhter Prkraumsuchverkehr, häufige Farbhanquerungen durch Fußgänger, Pukbildung von Radfahrern und Fußgängern) vorhanden ist. Dies gilt insbesondere auch auf klassifizierten Straßen (Bundes-, Landes- und Kreisstrßen) sowie auf weiteren Vorfahrtsstraßen (Zeichen 306). Im Ausnahmefall kann auf die Absenkung der Geschwindigkeit verzichtet werden, soweit etwaige negative Auswirkungne auf dne ÖPNV (z.B. Taktfahrplan) oder eine drohende Verkehrsverlagerung auf die Wohnnebenstraßen zu befürchten ist. In die Gesamtabwägung sind dann die Größe der Einrichtung und Sicherheitsgwinne durch Sicherheitseinrichtungen und Querungshilfen (z.B. Fußgängerüberwege, Lichtzeichenanlagen, Sperrgitter) einzubeziehen. Die streckenbezogene Anordnung ist auf den unmittelbaren Bereich der Einrichtung und instgesammt auf höchstens 300 m Länge zu begrenzen. Die beiden Fahrtrichtungen müssen dabei nicht gleich behandelt werden. Die Anordungen sind, soweit die Öffnugszeiten (einschließlich Nach- und Nebennutzungen) festgelegt wurden, auf diese zu beschränken”
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http://dipbt.bundestag.de/dip21/brd/2017/0085-17.pdf
S.25 abgetippt, da das PDF keinen Text Suchen oder kopieren läßt.
Gibt es irgendwo Protokolle welche Politiker dagegen die Empfehlung 85/1/17 ausgearbeitet, diskutiert und abgestimmt haben? Oder kommt diese von VW und vom ADAC?
Kommunaler Entscheidungsspielraum für mehr Verkehrssicherheit darf nicht wieder reduziert werden: Es geht um ihre Bürger!